Digitales Programmheft

SALON EUROPA

In der Gesprächsreihe SALON EUROPA diskutieren Theatermacherin Anna Maria Krassnigg sowie Autor und Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk in fünf Matinéen mit hochkarätigen Gästen aus Kultur und Wissenschaft. Sie beleuchten aus ihren jeweiligen künstlerisch-wissenschaftlich-literarischen Welten und Kontexten heraus die Fragen, welche die Theaterabende dieser Festivalausgabe aufwerfen, im Fokus des Spielplanmottos Denk Macht Neu.

Die geistigen und diskursiven Erträge des Salon Europa sind, wie bei den vorangegangenen Festivalausgaben, nachhaltig auf unserer Website abrufbar.
(Siehe: https://www.wortwiege.at/projekt/essays/)

Wolfgang Müller-Funk, Foto: privat

Moderation:
Anna Maria Krassnigg

Wissenschaftliche Leitung:
Wolfgang Müller-Funk

DENK MACHT NEU

So 18. September 2022, 11:30 Uhr
In Kooperation mit Die Presse

Mit Lisz Hirn, Rainer Nowak und Markus Reisner

Moderiert von Anna Maria Krassnigg

Das Eröffnungspodium erforscht, wie Strukturen von Krieg, Demokratie, Autokratie und tradierte Bilder von Männlichkeit und Herrschertum ins Private dringen, es bestimmen und formen, wohin Macht ideell und strukturell führen kann. Daraus ergibt sich ein Denkraum, in dem Ideen von der Ermächtigung der Machtlosen florieren können. Das Eröffnungspodium leuchtet die Möglichkeiten, aber auch die konkrete Aufforderung des Spielplanmottos aus – das künstlerische Programm dieser Festivalausgabe dient dabei als reiche assoziative Fundgrube.

Lisz Hirn
Geboren 1984 in Österreich, studierte sie Geisteswissenschaften und Gesang in Graz, Paris, Wien und Kathmandu. Sie ist Philosophin, Publizistin und Dozentin in der Jugend- und Erwachsenenbildung und Podcasterin (Philosophieren mit Hirn). Lehraufträge an internationalen Universitäten, etwa in Kathmandu, Tokio, Lima und Marokko. Aktuelle Publikation: Macht Politik böse? (Leykam 2022)

Lisz Hirn, Foto: Inge Prader

Rainer Nowak
Geboren 1972 in Innsbruck, Journalist. An der Universität Wien studierte er Geschichte und Politikwissenschaften. 1996 Eintritt bei der Tageszeitung Die Presse, seit 2012 ist er deren Chefredakteur, seit 2014 auch Herausgeber. Nowak erhielt 2005 den Staatspreis für publizistische Leistungen im Interesse der Geistigen Landesverteidigung, 2013 den Kurt-Vorhofer-Preis und wurde 2015 als Journalist des Jahres ausgezeichnet.

Rainer Nowak, Foto: Die Presse/Peter Rigaud

Markus Reisner
Geboren 1978 in Niederösterreich, ist Markus Reisner Historiker, Offizier des Bundesheeres, Militärexperte und Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt. Er studierte Rechtswissenschaften und Geschichte an der Universität Wien. Von 2010 bis 2013 Doktoratsstudium der Geschichte an der Universität Wien, Dissertation zum Luftkrieg über Österreich von 1943 bis 1945. 2017 schloss er sein PhD-Studium zum Thema Zukünftige Autonomie in der Kriegsführung und deren völkerrechtliche Implikationen an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien ab. Seit 2017 Mitglied des militärhistorischen Beirats der Wissenschaftskommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS).

Markus Reisner, Foto: BMLV

DIE MACHT DER GESCHLECHTER

So 25. September 2022, 11:30 Uhr

Mit Helga Klug und Wolfgang Müller-Funk sowie einem Videobeitrag von Liliane Weissberg

Moderiert von Anna Maria Krassnigg

Ausgangspunkt dieser Diskussion ist ein psychoanalytischer Blick auf den Konnex von Macht und Geschlecht. Wie beide Stücke des Theaterfestivals zeigen, erfolgt in asymmetrischen Machtkonstellationen ein Doppelspiel zwischen offizieller Macht und subversiven weiblichen Machtstrategien. Ein Gespräch über Geschlecht, Solidarität und Abgrenzung im Geflecht von symbolischen Ordnungen.

Helga Klug
Helga Klug arbeitet als Analytikerin in freier Praxis in Wien, ist Lehranalytikerin, Supervisorin und Universitätslektorin an der SFU Wien und Berlin. Neben Literatur, Kunst und Philosophie, die lebensbegleitend geblieben sind, nimmt die Psychoanalyse mit ihrem kulturkritischen Potential einen zentralen Stellenwert in ihrem gegenwärtigen Denken und Arbeiten ein. Sie verfolgt einen grenzüberschreitenden befruchtenden Diskurs zwischen unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen. Sie studierte Psychotherapiewissenschaft sowie Deutsche Philologie, Philosophie, Psychologie und Pädagogik.

Helga Klug, Foto: Barbara Hartl

Liliane Weissberg
Liliane Weissberg studierte Komparatistik und Philosophie in Berlin und an der Harvard University, wo sie 1984 mit ihrer Dissertation über die Allegorie bei Edgar Allan Poe promovierte. An der University of Pennsylvania unterrichtet sie als Professorin für deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft. Als Gastprofessorin lehrte sie an zahlreichen internationalen Universitäten. In den USA und Deutschland kuratierte sie mehrere Ausstellungen, u.a. für das Jüdische Museum Frankfurt. Sie forscht v.a. zur Wiederentdeckung einer deutsch-jüdischen literarischen Tradition vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert, zur Aufklärung und zur europäischen und amerikanischen Romantik.

Liliane Weissberg, Foto: wortwiege

DIE MACHT DER IMPERIEN

So 2. Oktober 2022, 11:30 Uhr

Mit Florian Bieber und Wolfgang Müller-Funk sowie einem Videobeitrag von Jurko Prochasko

Moderiert von Anna Maria Krassnigg

Politische Macht, Kernthema in Shakespeares Coriolanus, ist heutzutage im europäischen Kontext postimperial und postnational. Zentrum des Gesprächs ist die Frage, in welcher Form politische Macht in einer globalen Welt organisiert sein kann und ob wir vor einer Rückkehr zur Machtpolitik stehen, die das 19. und das frühe 20. Jahrhundert bestimmt haben. Ein Gespräch über die neue ‚Selbstverständlichkeit‘ von Nationalismus und Imperialismus.

Florian Bieber
Der Luxemburger Politologe und Zeithistoriker ist Professor an der Karl-Franzens-Universität Graz und leitet dort das Zentrum für Südosteuropastudien. Er studierte am Trinity College (USA), der Universität Wien und der Central European University (Budapest), arbeitete für das Europäische Zentrum für Minderheitenfragen in Sarajevo und Belgrad und war Dozent für osteuropäische Politik an zahlreichen europäischen Universitäten. Er ist der Autor zahlreicher Aufsätze und Bücher, so u.a. The Rise of Authoritarianism in the Western Balkans (2020) und Debating Nationalism (2021).

Florian Bieber, Foto: Sissi Furgler

Jurko Prochasko
Der ukrainische Essayist, Schriftsteller und Literaturwissenschaftler studierte Germanistik in Lviv (Lemberg) und absolvierte eine Ausbildung als Psychoanalytiker in Österreich. Prochasko gründete die Ukrainische Übersetzer-Assoziation und übersetzte u.a. die Werke von Kleist, Kafka und Freud ins Ukrainische. Mehrere Stipendien und Forschungsaufenthalte führten ihn nach Österreich und Deutschland, wo er 2007 als Kurator der Lemberg-Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin tätig war. Prochasko setzt sich aktiv für die Einbindung der Ukraine in Europa ein und schreibt für die Online-Zeitschrift Ji, die auf Deutsch, Polnisch und Ukrainisch erscheint.

Jurko Prochasko, Foto: wortwiege

MACHTHABER

So 9. Oktober 2022, 11:30 Uhr

Mit Franz Schuh und Wolfgang Müller-Funk

Moderiert von Anna Maria Krassnigg

Der Machthaber ist Elias Canetti zufolge der Mensch, der alle und am Ende auch sich selbst überleben will. Die Macht ist eine Obsession, von der derjenige, der sie perfekt und vollständig auszuüben trachtet, nicht mehr loskommt. Die modernen liberalen Demokratien versuchen daher, Macht zu beschneiden. Ein Gespräch über Allmachtsphantasien und die Zukunft demokratischer Machtausübung.

Franz Schuh
Franz Schuh studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik in Wien und promovierte 1975. 1976–1980 war er Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung, dann Lektor des literarischen Programms des Verlags Deuticke. Er schrieb zahlreiche Essays, Glossen und Gedichte und ist im Radio u.a. auf Ö1 mit seinem Magazin des Glücks zu hören. In mehreren überregionalen Zeitungen veröffentlicht er Kolumnen, u.a. in Die Zeit. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität für angewandte Kunst Wien. Letzte Buchveröffentlichung: Lachen und Sterben (Zsolnay Verlag).

Franz Schuh, Foto: Christian Mair

TYRANNIS

So 16. Oktober 2022, 11:30 Uhr

Mit Mirjana Stancic und Wolfgang Müller-Funk sowie einem Videobeitrag von Stephen Greenblatt

Moderiert von Anna Maria Krassnigg

Die Lust an der Tyrannis und der Wunsch nach autoritären Ordnungen erfährt in vielen Teilen der Welt eine Renaissance. Dabei geht es um die Frage nach den Chancen einer antidemokratischen Wende und darum, inwieweit sozialpsychologische und kulturwissenschaftliche Analysen (Manès Sperber) überraschende Aktualität erfahren. Ein Gespräch über Narzissmus und das Selbstgefährdungspotenzial liberaler westlicher Demokratien.

Mirjana Stancic
1953 in Zagreb geboren. Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin. Studium der Germanistik, Anglistik und Klassischen Philologie in Zagreb und Münster. Dozentin an der Universität Osijek/ Kroatien, ab 1993 Lehrtätigkeit an den Universitäten Bochum und Essen, seit 2014 Professorin an der Ruhr-Universität Bochum. Zahlreiche Buchpublikationen zur deutschen und österreichischen Literatur (Manès Sperber. Leben und Werk, 2003, Verschüttete Literatur. Deutschsprachige Literatur auf dem Boden des ehemaligen Jugoslawien von 1800 bis 1945, 2013) sowie Theaterstücke (Darkness. Eine deutsche Komödie, 2003, Die Kuppel 2004, Die Vorkoster, 2005).

Mirjana Stancic, Foto: Jakob Stancic

Stephen Greenblatt
Der amerikanische Literaturwissenschaftler gilt als führender Experte für das Leben und Werk William Shakespeares sowie des Elisabethanischen Zeitalters. Greenblatt studierte am Pembroke College der University of Cambridge und an der Yale University und lehrt an der University of California, Berkeley und der Harvard University. Für sein Buch Die Wende. Wie die Renaissance begann (2011) wurde er 2011 mit dem National Book Award und 2012 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Sein Buch Der Tyrann. Shakespeares Machtkunde für das 21. Jahrhundert (2018) erhielt international große Beachtung.

Stephen Greenblatt, Foto: wortwiege